Die Internationale Energieagentur (IEA) hat in einem aktuellen Bericht die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf den globalen Energiesektor analysiert. Dabei werden sowohl die wachsenden Herausforderungen als auch die Potenziale von KI im Energiesystem beleuchtet.
Das Trainieren und Betreiben komplexer KI-Modelle findet in großen, stromintensiven Rechenzentren statt. Laut IEA verbraucht ein typisches, auf KI spezialisiertes Rechenzentrum so viel Strom wie rund 100.000 Haushalte. Die größten im Bau befindlichen Anlagen könnten das bis zu 20-fache benötigen.
Seit 2022 haben sich die weltweiten Investitionen in Rechenzentren fast verdoppelt und erreichten 2024 etwa 500 Milliarden US-Dollar. Damit wächst auch die Sorge über steigenden Energieverbrauch.
Rechenzentren machten 2024 etwa 1,5 % des weltweiten Stromverbrauchs aus – das entspricht rund 415 Terawattstunden ( TWh). In bestimmten Regionen ist die Belastung jedoch deutlich höher. Seit 2017 steigt der Energiebedarf von Rechenzentren jährlich um rund 12 %, deutlich schneller als der allgemeine Strombedarf.
Die USA führen mit 45 % des weltweiten Rechenzentrumsverbrauchs, gefolgt von China (25 %) und Europa (15 %). Fast die Hälfte der US-Kapazitäten ist auf nur fünf Regionen konzentriert.
Laut IEA könnte sich der Stromverbrauch von Rechenzentren weltweit bis 2030 mehr als verdoppeln – auf rund 945 TWh. Das entspricht in etwa dem aktuellen Gesamtverbrauch Japans.
Die Hauptursache für diesen Anstieg: Künstliche Intelligenz. Besonders in den USA wird erwartet, dass Rechenzentren bis 2030 fast die Hälfte des Wachstums beim Strombedarf ausmachen. Am Ende des Jahrzehnts könnten sie dort mehr Energie verbrauchen als die gesamte Schwerindustrie zusammen (Aluminium, Stahl, Zement, Chemie etc.).
Im „Basis-Szenario“ der IEA wird für 2035 ein globaler Rechenzentrumsverbrauch von rund 1.200 TWh prognostiziert. Je nach Entwicklung könnten es jedoch nur 700 TWh („Gegenwind-Szenario“) oder bis zu 1.700 TWh („Durchbruch-Szenario“) werden.
Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA, erklärte:
„KI ist eines der großen Themen in der Energiewelt – doch bisher fehlten Politik und Marktakteuren die Instrumente, um die Auswirkungen umfassend zu verstehen. In den USA könnten Rechenzentren für fast die Hälfte des Stromverbrauchsanstiegs verantwortlich sein; in Japan sogar für mehr als die Hälfte und in Malaysia für ein Fünftel.“
Um den wachsenden Energiebedarf zu decken, ist ein vielfältiger Energiemix nötig. Laut IEA werden erneuerbare Energien und Erdgas eine zentrale Rolle spielen, doch auch neue Technologien wie kleine modulare Reaktoren (SMRs) und fortschrittliche Geothermie sind von Bedeutung.
Erneuerbare Energien – unterstützt durch Speicher und Netzmodernisierung – sollen bis 2035 etwa die Hälfte des zusätzlichen Strombedarfs decken. In den USA wird ein Zuwachs von 175 TWh beim Erdgas erwartet. Auch Kernenergie soll ihren Beitrag leisten, insbesondere in China, Japan und den USA. Erste SMRs werden um 2030 erwartet.
Mehr Strom allein reicht nicht aus. Die IEA hebt die Bedeutung von Investitionen in die Stromnetze hervor. Bereits heute sind die Netze überlastet – etwa 20 % geplanter Rechenzentren könnten sich verzögern, da Netzanschlüsse fehlen oder Komponenten wie Transformatoren lange Lieferzeiten haben.
Trotz ihres Energiebedarfs kann KI selbst maßgeblich zur Effizienzsteigerung im Energiesektor beitragen:
Trotz vieler Möglichkeiten stehen dem KI-Einsatz im Energiesektor große Hürden im Weg:
Cybersecurity ist dabei zweischneidig: Einerseits verbessert KI die Abwehr, andererseits rüstet sie auch Angreifer auf. Angriffe auf Energieversorger haben sich in vier Jahren verdreifacht.
Auch die Versorgung mit kritischen Materialien wie Gallium (wichtig für Hochleistungs-Chips) ist gefährdet, da die Produktion stark konzentriert ist.
Die IEA betont, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Tech-Unternehmen, Energiewirtschaft und Politik entscheidend ist. Maßnahmen wie intelligentes Standortmanagement für Rechenzentren, mehr Netzflexibilität und effizientere Genehmigungsverfahren sind nötig.
„KI ist ein Werkzeug – ein sehr mächtiges –, aber es liegt an uns, wie wir es nutzen“, sagt Dr. Birol. „Die IEA wird weiterhin Daten, Analysen und Plattformen bereitstellen, um Entscheidungsträger bei der Gestaltung einer nachhaltigen, digitalen Energiezukunft zu unterstützen.“